Gesprächsstoff

Teure Zeiten, neues Denken

Stimmt, das Leben wird teurer. Aber mit etwas Planung kann es gelingen, die Teuerung abzumindern. Ein Patentrezept für alle gibt es nicht, stattdessen ist individuelle Planung gefragt: Wir zeigen Ihnen, wie Sie sich schlau durch die Inflation schlängeln.

Text: Sandra Wobrazek

Eines vorweg: Nicht alle Produkte werden „gleich teurer“. In einer Inflation gibt es sogenannte „Treiber“, also Produkte mit einer stark überdurchschnittlichen Teuerungsrate, und sogenannte „Dämpfer“, Produkte, die nur wenig bis gar nicht teurer bzw. sogar billiger werden. Je nachdem, welchen Lebensstil man pflegt, ist man mehr oder weniger stark von der Teuerung betroffen.


Inflation: das wird teurer 

 

  • Energie: Wenn Sie auf Heizöl angewiesen sind, trifft Sie die Inflation am stärksten. Die Preise für flüssige Brennstoffe sind von September 21 bis September 22 um 105,3  Prozent gestiegen, der für Gas im gleichen Zeitraum um 111 Prozent, für Strom um 36,7 Prozent. Hier hilft nur: Verbrauch senken.
  • Flugreisen: Wenn Sie nicht müssen, bleiben Sie am Boden. Das hilft der Umwelt, schont Ihre Nerven und entspannt Ihr Budget. Flugtickets sind um rund ein Drittel teurer geworden. Unser Tipp: Wenn möglich, vermeiden!
  • Alles, was fett ist: Öle und im besonderen Butter kosten deutlich mehr. Im Schnitt beträgt die Teuerung über 29 Prozent. Weniger fett kochen macht die Geldtasche dicker. Verbrauch senken!
  • Werkzeug: Falls in Ihrer Wohnung Reparaturen anstehen, wenn möglich aufschieben: Die Reparaturkosten von Haushaltsgeräten stiegen um knapp zehn Prozent.
  • Autokauf: Zusätzlich zur Teuerung ist derzeit mit langen Wartezeiten zu rechnen, der Kauf-Zeitpunkt ist also ungünstig.

Nicht alles wird teurer, manche Produkte und Dienstleistungen sind sogar billiger geworden. Ihre Benützung senkt Ihre „individuelle Inflationsrate“ – ein Trost, wenn auch zugegebenermaßen ein kleiner.

Inflation: das wird billiger

 

  • Alles rund ums Telefonieren: Sowohl die Geräte (minus 4,9  Prozent) als auch Dienstleistungen für Mobiltelefonie (minus 1,5  Prozent) wurden günstiger. Achtung: 2023 dürften die Tarife stark steigen.
  • Mit dem Zug fahren: Sie zahlen im Schnitt um 4,9 Prozent weniger für Ihr Ticket.
  • Brillen: Gute Zeit, falls Sie einen Kauf planen: Brillenfassungen kosten im Vergleich zu 2021 um knapp sechs Prozent weniger.
  • Kleidung: wurde nicht teurer. Minus 1,3 Prozent ist keine extreme Verbilligung, aber immerhin.

In Österreich betrug die Inflationsrate im September im Vergleich zum Jahr davor 10,5 Prozent, womit wir knapp unter dem EU-Schnitt von 10,9  Prozent liegen. Damit ist eingetroffen, was Expert*innen vor dem Sommer prognostiziert haben: zweistellige Inflationsraten. Während Frankreich, Malta (je 6,2 Prozent) und Finnland (8,4 Prozent) unterdurchschnittliche Werte erreichen, klettert die Inflation in Litauen (22,5 Prozent), Lettland (22,4 Prozent) und Estland (24,2 Prozent) in schwindelerregende Höhen. Eines der am stärksten betroffenen Länder ist die Türkei: Hier stiegen die Verbraucherpreise im September gegenüber dem Vorjahresmonat um 83,5 Prozent.

Inflation: Das sind die Preisdämpfer

(Vgl. 09/21 zu 09/22 | Quelle: Statistik Austria)

  • Physio-/Ergotherapie (dgl.) : -13,4 % 
  • Brillenfassungen: -5,9 % 
  • Bahnfahrten: -4,9 % 
  • Telefon- & Telefaxgeräte: -4,9 % 
  • Kurse/Fortbildungen: -2,8 % 
  • Bekleidungsartikel: -1,3 % 
  • Spirituosen: -0,6 % 

Teuerung: Das sagt die Wifo-Expertin


Christine Mayrhuber vom Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) hat 2020 eine Studie zur Konsumstruktur und Abgabenlast der österreichischen Pensionshaushalte gemacht. Es ist noch nicht absehbar, inwiefern sich die aktuelle Inflation auf das Konsumverhalten der Pensionshaushalte auswirkt. Die Ökonomin weiß, dass sich laufende Preissteigerungen vor allem auf Alleinerziehenden- und Mehrkindhaushalte, aber auch auf Pensionshaushalte verstärkt auswirken. „Wir sehen, dass es gerade im unteren Einkommensbereich nicht mehr möglich ist, Ausgaben zu substituieren. Billige Lebensmittel vom Diskonter lassen sich nur schwerlich ersetzen.“
Mayrhuber betont, dass in gewissen Bereichen wie der Miete kaum Einsparungen möglich sind. Bei Gaststätten und Urlauben hingegen wird eingespart werden. „Ebenso bei Freizeit- und Unterhaltungsangeboten. Hier werden sich wahrscheinlich alle Haushalte, nicht nur die der Pensionist*innen, einschränken müssen. Durch die jährlichen Pensionsanpassungen (2023 5,8%, Anm.) hat das österreichische Pensionssystem zumindest einen gewissen Vorteil, denn es ist gesetzlich vorgesehen, dass sich die Pensionen an den Verbraucherpreisen orientieren.“
 

Christine Mayrhuber WIFO
Christine Mayrhuber (C) WIFO

Immerhin ein gutes Gefühl beim Sparen


Dank zahlreicher Initiativen lässt sich Sparen oft mit Nachhaltigkeit verbinden. Mit der App „Too Good To Go“ (TGTG) etwa können überschüssige Lebensmittel und Mahlzeiten vor dem Müll gerettet werden. „Die App ist eine unkomplizierte Lösung für eines der größten Probleme unserer Zeit: die Lebensmittelverschwendung. Davon profitieren im besten Fall alle: ausgezeichnetes Essen für die Kundschaft, weniger Verschwendung für die Betriebe und Ressourcenschonung für die Umwelt“, sagt Georg Strasser von TGTG Österreich. Die Betriebe bieten ihre „Überraschungssackerln“ für zirka ein Drittel des Verkaufspreises an. Bezahlt wird über die App. Zu festgelegten Uhrzeiten kann die Ware in den Betrieben abgeholt werden.

In Österreich wird die App bereits von mehr als 1,2 Millionen Menschen und rund 5000 TGTG-Partnerbetrieben (Restaurants, Bäckereien, Hotels, Lebensmittelgeschäfte) nicht nur im städtischen, sondern auch im ländlichen Raum genutzt. Vier Millionen Mahlzeiten bzw. Lebensmittelpakete wurden seit der Einführung vor drei Jahren gerettet. Nutzten zu Beginn vor allem jüngere Menschen das Angebot, gehören heute Familien ebenso dazu wie Pensionist*innen. Georg Strasser ist überzeugt: „Das Thema Lebensmittelverschwendung ist gerade in dieser Zielgruppe oft ein Herzensthema. Hinzu kommt, dass Budgetfragen jetzt alle betreffen. Die einzige Voraussetzung, um bei Too Good To Go mitzumachen, ist ein Smartphone.“ 
 

Arbeiten im Ruhestand?


Um der Teuerungswelle die Stirn zu bieten, spielen immer mehr der insgesamt 2,4 Millionen österreichischen Pensionsbezieher*innen mit dem Gedanken, auch nach Pensionsantritt einer (geringfügigen) Beschäftigung nachzugehen. Wer seine Talente auch noch im „Ruhestand“ einsetzt, profitiert nicht nur finanziell, sondern meist auch in sozialer Hinsicht. Eines der österreichischen Vorzeigeprojekte in Sachen Arbeiten im Alter ist die „Vollpension“. Die Idee hinter dem 2012 als soziales Start-up gegründeten Unternehmen ist es, Lösungen für Herausforderungen wie Altersarmut, die wachsende Generationenkluft und Isolation zu bieten. Dabei backen Senior*innen für Gäste Mehlspeisen nach alten Familienrezepten und verdienen sich etwas zu ihrer Pension dazu. Mittlerweile gibt es in Wien zwei Vollpension-Generationencafés, einen „Kuchen-to-go“-Kiosk sowie ein „Buchtelmobil“, das für Events gemietet werden kann. Darüber hinaus gibt es ein eigenes Backstudio, in dem man Omas und Opas beim Backen von Sachertorte, Buchteln und Apfelstrudel über die Schulter schauen kann.
 

Wichtig: Informieren lohnt sich


Wer sich für Arbeiten nach dem Pensionsantritt interessiert, sollte sich genau informieren – über Zuverdienstgrenzen ebenso wie über steuerliche Absetzbarkeit von Ausgaben. Stefan Taglieber, Partner bei der Astoria Wirtschaftsberatung in Krems, empfiehlt, für fachliche Auskünfte in Richtung Abwicklung, Pensions- und Sozialversicherungsanstalten, Pensionistenvereine oder das Finanzamt zu kontaktieren. „Für die effiziente Gestaltung der Zusatz­einkünfte rate ich zu einem guten Steuerberater.“
Aus der Sicht des Steuerexperten lohnt sich das „Jobben“ in der Pension, da einem in Österreich „nur“ maximal 45 bis 50 Prozent des zusätzlichen Einkommens staatlicherseits „weggenommen“ werden. Natürlich, gibt Tag lieber zu bedenken, sollte die Arbeit in Relation zum Verlust an Freizeit bzw. der Zeit für Enkelkinder, Hobbys und Reisen Spaß machen und sich sinnerfüllend anfühlen. 
Ob selbstständig tätige Pensionist*innen Beiträge an die Sozialversicherung abführen müssen, hängt vom Gewinn ab. „Das ist der Saldo nach steuerlich absetzbaren Ausgaben. Die sogenannte ,Geringfügigkeitsgrenze‘ darf pro Kalenderjahr 5830,20 Euro nicht übersteigen – sonst sind SVS-Beiträge zu bezahlen.“

TIPP! Was man in der Pension bei Zuverdienst beachten soll:

Interview mit Mag. (FH) Stefan Taglieber, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner bei Astoria Wirtschaftsberatung


Wie viel darf ich in der Pension dazuverdienen, ohne Einkommenssteuer zahlen zu müssen?
Genauso so viel oder wenig wie aktive Erwerbstätige: maximal den „Lohnsteuer Freibetrag“ von 730 Euro pro Kalenderjahr. 
Dieser Betrag ist eine „Netto“-Grenze nach Abzug aller steuerlich absetzbaren Ausgaben wie Fahrtkosten, Arbeitsmittel oder Fachliteratur. Bei Überschreiten zahlen auch Pensionist*innen Lohn- oder Einkommenssteuer für Neben- oder Zusatzerwerbe. 
 

Bekomme ich weniger Pension, wenn ich etwas dazuverdiene?
Nein, sofern Sie in der Regel-Alterspension sind: Bei Männern sind das 65, bei Frauen 
60 Jahre (noch bis 1. 1. 2024, dann wird das Pensionsalter bei Frauen sukzessive bis 2033 auf 65 Jahre angehoben). Wer sich allerdings in der vorzeitigen Alterspension, Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension befindet, sollte im Pensionsbescheid nachlesen, wie hoch die Zuverdienstgrenze ist. Je nach Höhe kann es zu Kürzungen kommen.

Spielt es eine Rolle, ob ich zuvor selbstständig oder angestellt war?
Eher nicht, weil (gesetzliche) Pensionen, egal, ob früher angestellt oder selbstständig, als steuerpflichtige „Lohnzettel“einkünfte bereits versteuert ausgezahlt werden. Wer zusätzlich zur Pension mehr als 730 Euro dazuverdient, muss diesen Betrag in seiner Steuererklärung angeben. Ehemals selbstständig Aktive haben vielleicht bei Buchführung, Gewinnermittlung, Belegaufbewahrung und Erfahrungen mit 
Steuertipps einen Vorsprung.

Stefan Taglieber
Stefan Taglieber, (c) Astoria.at

Was ist Inflation?

Wertverlust
Wenn die Preise von Waren und Dienstleistungen allgemein steigen und es sich um einen anhaltenden Prozess handelt, sinkt zugleich der Wert einer bestimmten Währung – man spricht von einer Inflation. Um die Inflation berechnen zu können, wird ein fiktiver Warenkorb herangezogen, der Waren und Dienstleistungen enthält, die von Privathaushalten typischerweise konsumiert werden.

Ursachen
Mieten, Energiekosten und Gebrauchsgegenstände gehören ebenso dazu wie Lebensmittel, Restaurantbesuche und Versicherungsbeiträge. Der Preisunterschied eines Warenkorbs im Vergleich zum Preis aus dem Vorjahr ergibt die Inflationsrate. Die Ursachen für eine Inflation sind vielfältig. Sie reichen von Rohstoffverknappung über erhöhte Nachfrage von Gütern bis zu steigenden Geldmengen.

Hyperinflation
Findet die Inflation mit enormen Preissteigerungen von 50 Prozent und mehr statt, spricht man von Hyperinflation. Österreich wurde nach dem Ersten Weltkrieg von einer Hyperinflation getroffen: Zu Beginn der 1920er-Jahre erreichten die Lebenshaltungskosten das 14.000-fache Niveau der Vorkriegszeit. Erst die Genfer Anleihe – eine radikale Sanierung der Staatsfinanzen – sowie die Einführung des Schillings 1924 konnten die Hyperinflation beenden.