Leben

"Für mich ist alles Bühne"

"Ich komme in ein Haus, ein Museum, einen Garten und sofort habe ich tausend Ideen, wie und womit man diese Plätze ‚bespielen‘ könnte.“ Luzia Nistler, einst Musical-Star im „Phantom der Oper“, betreibt seit über zehn Jahren das „Theater in der Kellergasse“ im Weinviertel.

Text: Martina C. Watteck
 

Luzia Nistler
Luzia Nistler, Foto: Michaela Krauss-Boneau

Über Österreichs Grenzen hinaus bekannt wurde Luzia Nistler mit ihrer Rolle als Christine im Musical „Phantom der Oper“, dessen deutschsprachige Uraufführung 1988 in Wien stattfand. Heute ist die vielfach talentierte Künstlerin 65 und sie denkt nicht ans Aufhören, ganz im Gegenteil.
Bei einem Spaziergang durch die Kellergassen von Absberg im niederösterreichischen Weinviertel hatte die Sängerin, Regisseurin, Intendantin, Sprechtrainerin und Schauspiellehrerin Luzia ­Nistler vor mehr als zehn Jahren eine ihrer „Tausenden Ideen“. Die einzigartige Landschaft und Schönheit dieser Kellergassen eignen sich perfekt, um Theater zu spielen und so gründet sie gemeinsam mit ihrem Mann Stephan die „Kellergassen Compagnie“. Es entsteht das Projekt „Theater in der Kellergasse“, für das sie den Preis der NÖ Dorf- und Stadterneuerung erhalten.
Jedes Jahr wird eine andere Kellergasse bespielt und jedes Jahr gibt es ein neues Stück. Den Anfang machte damals eine klassische Volkskomödie: „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben.“ Seither holt sich Luzia Nistler jeden Sommer neben arrivierten Schauspieler*innen auch junge Talente direkt aus den Schauspielschulen.

„Für mich gibt es keine Schublade“

Neben all ihren Engagements kümmert sich Luzia Nistler auch aktiv um den Nachwuchs. Sie unterrichtet sowohl privat als auch zum Beispiel als Dozentin an der Musical-Akademie in Graz oder als Sprechtrainerin an der Schauspiel-Akademie Linz und sie betreut das Projekt „Wir sind Bühne“ für Nachwuchstalente im Bereich Musical. 
Die Abwechslung ist für Luzia Nistler die treibende Kraft. Zuletzt war sie heuer als Mrs. Straus im Musical „Titanic“ im Musiktheater Linz zu sehen. „Das war eine fast magische Erfahrung, die Musik und das großartige Bühnenbild, die tollen Kolleg*innen, es war umwerfend. Dass ich in meinem Alter noch so eine schöne Rolle spielen durfte, war ein großes Geschenk.“

Als großes Geschenk betrachtet Luzia Nistler auch ihre Familie. Ihren Mann, Kulturmanager Stephan Nistler, kennt sie schon seit ihrer Kindheit, seit 39 Jahren sind die beiden verheiratet, es gibt drei Kinder, zwei Töchter und einen Sohn. Aus der Öffentlichkeit hat Luzia Nistler ihre Familie immer herausgehalten. „Ich muss ihre Privatsphäre respektieren und ich wollte das auch immer so“, erzählt sie.

Vom Chorgesang zum gefeierten Musical-Star

Luzia Nistler, geboren am 11. Juli 1957 in Tulln, stammt aus einem musik- und theateraffinen Haus. Schon als Kind singt sie gerne im Chor, manchmal ist sie Mitglied in vier verschiedenen Chören gleichzeitig. Sie studiert Gesangspädagogik und Musical, da ergibt sich ihre große Chance: Es wird eine Darstellerin für die Christine im „Phantom der Oper“ gesucht. Fünf Tage lang muss sie tanzen, singen, spielen –, dann bekommt sie die Rolle, „für die ich mich nicht wirklich angestrengt habe“, erinnert sie sich. 

Danach spielt sie u. a. am Stadttheater St. Pölten, in Perchtoldsdorf und Laxenburg, ganz besonders gerne erinnert sie sich an die Raimundfestspiele im romantischen Gutenstein: „Das habe ich so geliebt, eine herrliche Atmosphäre und viel Spaß.“ Vielfältigkeit war Luzia Nistler immer wichtig. Zuletzt tritt sie auch als Regisseurin vermehrt in den Vordergrund. Seit zehn Jahren betreibt sie ihr „Theater in der Kellergasse“. Mehr auf: www.kellergassencompagnie.at