Omas For Future
Wir sprachen mit Hildegard Schweder von der Organisation Omas For Future über ihre Beweggründe, sich für Klimaschutz einzusetzen.
Interview: Stefan Böck
SEIN Magazin: Wer sind die Omas For Future?
Hildegard Schweder: Wir sind Menschen 50 Plus, die sich für aktiven Klima- und Umweltschutz im Alltag engagieren. Nicht alle von uns sind Omas und Opas, aber uns verbindet alle das gleiche Ziel: sich für den Erhalt unserer schönen Erde und eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder und Enkelkinder einzusetzen. Wir stehen für Stabilität, Zuversicht, Vertrauen, Gemeinschaft und Hoffnung. Mit unserem Engagement übernehmen wir Omas for Future Verantwortung. Die Omas for Future sind 2018 in Deutschland entstanden. Dort gibt es bereits über 70 Regionalgruppen. In Österreich gibt es uns seit Anfang 2020 mit derzeit zwei aktiven Gruppen in der Steiermark (in Gleisdorf/Weiz und in der Südsteiermark Bezirk Leibnitz). Des Weiteren sind je eine weitere aktive Gruppe in Vorarlberg und im Weinviertel im Aufbau. Wir haben derzeit 20 aktive Mitgestalter*innen. Mit machen kann jede*r, der sich unseren Werten verpflichtet fühlt. Enkelkinder sind kein "Muss!" Auch jüngere sind herzlich willkommen. Für andere For Future-Gruppen können wir nicht sprechen. Ich denke jedoch, dass wir uns in unseren konkreten Aktionen stark von diesen unterscheiden. Wir zeigen unsere Haltung in vielen Aktionen, sind nah am Menschen, dabei jedoch überparteilich und nicht konfessionell.
Was machen die Omas For Future? Woraus besteht die Vereinstätigkeit?
Wir unterscheiden die Bewegung Omas for Future mit den vielen aktiven Mitgestalter*innen und den gemeinnützigen Trägerverein "Omas for Future Österreich - Leben im Einklang mit der Natur!" Der Verein sorgt für eine gute Administration, auch z. B. zentrale Betreuung Social Media u. Presse und verwaltet die Finanzen. Die Mitgestalter*innen und die Mitglieder des Vereins sind alle ehrenamtlich tätig. Es gibt keine Mitgliedsbeiträge, da die Omas sehr viel ihrer Zeit und ihre Fähigkeiten einbringen. Daher finanzieren wir uns nur über Spenden und Fördermitglieder. Alle unsere Ehrenamtlichen organisieren unsere Aktionen, statten diese entsprechend der Themenstellungen aus und führen diese auch durch. Zur Vorbereitung und zur Absprache treffen sich die Gruppen in der Regel 1 x monatlich. Dadurch entsteht auch eine sehr gute soziale Gemeinschaft, in der sich jeder mit seinen Fähigkeiten einbringen kann.
Was sind eure Forderungen?
Wir fordern unsere Generation auf, sich mit den drängenden Fragen des Klimawandels und des eigenen Verhaltens auseinander zu setzen. Unsere Generation macht ca. 50 % an der Gesamtbevölkerungszahl aus. Damit hätten wir einen großen Hebel und könnten einen erheblichen Beitrag zur Verringerung des CO₂ - Ausstoß leisten. Wenn wir das so angehen, kommen wir bei unserer Generation jedoch nicht weit. Es ist ein mühsames Unterfangen, mit unserer Generation ins Gespräch zu kommen. Oft stoßen wir auf Ablehnung. Davon lassen wir uns jedoch nicht entmutigen. Niemand ist perfekt - auch wir nicht. Jedoch gehen wir mit gutem Beispiel voran und das zeigen wir auch in unseren Aktionen. Wir klären auf mit unseren Infoständen, wir geben Beispiele und wir kommen über Quizspiele und Workshops ins Gespräch mit den Leuten und versuchen die Menschen zu motivieren, mitzumachen. Darüber hinaus bringen wir uns in Bürgerbeteiligungen ein, sprechen mit der Politik in der Region und knüpfen vielfältige Netzwerke. Die Jugend und insbesondere die Fridays For Future-Bewegung findet uns toll. Wir laufen auch bei Klimastreik-Demos mit.
Was ist eure zentrale Motivation, sich für Klimaschutz zu engagieren?
Wir versprechen unseren Kindern und Enkelkindern, dass wir, für sie sorgen, sie in eine gute Zukunft entlassen und dass sie Vertrauen haben können. Können wir denn dieses Versprechen halten? Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, dass es auch an unserem Verhalten liegt, ob unsere Kinder und Enkelkinder eine gute Zukunft haben. Also schauen wir, was wir an unserem Verhalten ändern können und machen das auch. Es ist besser, unvollkommen anzupacken - als perfekt zu zögern (Edison). Daher handeln wir, aus Liebe zum Leben.
Warum wird dabei das Oma-Sein betont? Welche Rolle spielen ältere Menschen beim Einstehen für mehr Klimaschutz?
Es geht uns nicht so sehr um das "Oma sein" in tatsächlicher Hinsicht. Der Begriff ist durch die Gründerin Cordula Weimann entstanden, die bei einem Spaziergang mit ihrem Enkelkind auf die Idee gekommen ist, die Omas for Future zur gründen ist und mittlerweile zu einer großen Bewegung wurde. Der Begriff ist eingeführt und mittlerweile sind auch Opas mit 25 % Mitwirkenden in Deutschland beteiligt. Daher hat man den Begriff nicht mehr geändert. Omas for Future steht auch für "Emotion", z. B. großelterliche Gefühle. Jeden Tag lernen wir neue technische Begriffe und Sachverhalte zum Klimawandel kennen. Die Menschen aber mitzunehmen, damit sie ihren Beitrag leisten, geht besser, wenn auch Emotionen angesprochen werden. Bedauerlicherweise spielt die ältere Generation beim Klimaschutz aus unserer Sicht in Österreich noch keine große Rolle. Sie haben sich über viele Jahrzehnte einen gewissen Wohlstand erarbeitet und haben Ängste, dass ihnen das jetzt genommen wird. Dies zu ändern, sehen wir als unsere Aufgabe an.
Warum ist es so wichtig, dass sich gerade auch ältere Menschen engagieren?
Wie bereits erwähnt, beträgt der Anteil der älteren Generation ca. 50 % an der Gesamtbevölkerung. Hier wäre ein großer Hebel durch Verhaltensänderung in Sachen Ursachenbekämpfung des CO₂-Ausstoß, damit wir die Klimaziele wenigstens annähernd einhalten können.
Was sagt ihr älteren Menschen, denen das Thema eher egal ist?
Der erhobene Zeigefinger nutzt nichts. Wir versuchen zu ergründen, warum die Menschen Ängste haben und zeigen auf, was wir gewinnen und nicht, was wir verlieren, wenn wir unser Verhalten ändern. Dabei geht es nicht um große Dinge. Wir sind für und nicht gegen und betreiben kein Bashing gegen anders denkenden. Wenn in Gesprächen immer auf andere gezeigt wird, dann bleiben wir bei unserer Haltung und versuchen in "Ich-Botschaften" zu kommunizieren. Beispiel: Sollen die doch in China mal anfangen mit dem Klimaschutz - Ja, die müssen auch was tun, doch mein Konsumverhalten trägt auch in China zur Umweltverschmutzung bei. Als Beispiel die Herstellung unseres Handys.
Welche Sprüche oder Ausreden hört ihr sonst so von Altersgenossen?
"Ich mach doch schon alles!"
"Sollen doch andere erst mal anfangen."
"Das schlimmste sind die E-Autos, durch die Entsorgung der Batterien!"
Wie reagieren junge Menschen auf die Omas For Future, etwa bei Protestveranstaltungen?
Die finden das cool. Wir werden sehr häufig positiv angesprochen.
Gibt es eine "Klimaschuld" der älteren Generation? Erwächst daraus eine Art Verpflichtung zum Engagement?
Unsere Generation ist in dieser Konsum- und Leistungsgesellschaft groß geworden. Natürlich hätten wir uns früher diesem Thema stellen können. Wir wollen jedoch nicht von "Klimaschuld" sprechen. Diese Verantwortung können wir nicht alleine tragen. In erster Linie sollte die Politik und die Wirtschaft in die Verantwortung genommen werden und diese nun endlich mal auch übernehmen. Jetzt klagen sogar Kinder und Jugendliche vor Gericht um eine gute Zukunft. Das ist beschämend. Wo bleiben die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, für die unsere gewählten Politiker zuständig sind. Ginge die Politik mit gutem Beispiel voran, würden sich mehr Menschen mitgenommen fühlen. Jedoch ist es Tatsache, dass, wenn nicht alle in unserer Gesellschaft den Klimaschutz ernst nehmen, sich das Ziel des Pariser Klimaabkommens nicht erreichen lässt. Und dann helfen uns auch keine Anpassungsstrategien mehr. Wenn Sie so wollen, dann sage ich "ja", wir haben eine Verpflichtung zum Engagement.
Was sollen gerade ältere Menschen konkret tun, um der Klimakrise entgegenzutreten?
Meine Empfehlung: Sie sollten sich mal mit ihren Enkelkindern zusammensetzen und die fragen, was sie tun können. Sie sollten sich mit ihrer eigenen Lebenssituation beschäftigen und überlegen, womit sie anfangen können. Das können zunächst ganz kleine Schritte sein. Denn der Beginn ist ganz individuell. Jeder hatte sich in den vergangenen Monaten mit Stromsparen beschäftigt. Das ist schon ein guter Anfang. Da geht noch aber noch mehr. Z. B. wer einen Garten hat, der könnte das Gras nicht mehr so kurz mähen und dann auch erst mit der ersten Maht im Mai beginnen. Beim Einkaufen konsequent nur mit Einkaufszettel und vorheriger Planung einkaufen. Vielleicht auch weniger Fleisch auf den Speiseplan setzen. Und wer fit und mobil ist, der kann sich uns Omas for Future anschließen. Mutig neue Gruppen gründen, kreativ und motivierend, sich in der Gemeinschaft dem Thema stellen. Jeder kann etwas tun!